Selbstbestimmung ist nicht das Fehlen von Abhängigkeiten, sondern die Fähigkeit, Abhängigkeiten zu gestalten.“ – Niklas Luhmann

Führung ist ein Tanz – und wir sind alle Teil davon

„Άμα μπεις στον χορό θα χορέψεις.“
„Wenn du dich in den Tanz begibst, wirst du tanzen.“

Achtung – heute kommen meine griechischen Wurzeln durch! Für mich lässt sich anhand dieses gängigen Sprichworts im griechischen Kulturkreis (Wenn du dich in den Tanz begibst, wirst du tanzen), dass ich häufig auch mit “Mitgehangen, also mitgefangen” etwas flapsig ins Deutsche übersetze, einen zentralen Aspekt von Führung erläutern, dem man sich nicht entziehen kann, selbst wenn man dies will. Und wer einmal auf einer griechischen Hochzeit war, der kann das bestätigen: dort wird getanzt - Έτσι κάνι ο κόσμος - "So macht es die Welt" - und jeder macht mit, also sollte man es gar nicht erst probieren sich dem zu entziehen. Schon gar nicht mit Argumenten – wie "Ich kann nicht tanzen." keine Chance - no Way - Man kann sich der Kultur nicht entziehen – man muss tanzen und ... man sollte es auch tun. Am besten als sei es der letzte Tanz und das bis zum Morgengrauen! 💃

Dieses sich nicht entziehen können gibt es auch zuhauf in Organisationen: Wenn du dich auf Organisationen und damit auf Führungskonstellationen einlässt, bist du drin im Spiel und du musst mitmachen. Doch dieser Organisationstanz wird mitnichten! nur von einer Seite geführt. Das wird jedoch häufig verkannt!

Im letzten Beitrag haben wir gesehen, wie wichtig es für Führungskräfte ist, dass ihre Mitarbeitenden freiwillig folgen Doch Führung ist niemals ein einseitiger Prozess – sie ist immer eine Beziehung, in der beide Seiten eine zentrale Rolle spielen. Führung entsteht nicht nur durch die Führungskraft, sondern durch das Zusammenspiel von Führen und Sich-Führen-lassen. Dieser dynamische Prozess ist das konstitutive Merkmal von Führung. Fokussiert man sich auf den Interaktionsprozess, wird klar: Führung ist niemals statisch. (Hinweis: zu anderen Aspekten von Führung werde ich in weiteren Blogartikeln noch genauer eingehen ...)

Der unausweichliche Tanz zwischen Nähe und Distanz

Führung funktioniert besser, wenn beide Seiten – Führungskraft und Mitarbeitende – bereit sind, sich reflektiert und aktiv einzubringen. Es ist wie ein Tanz: Nähe und Distanz müssen permanent auf den Prüfstand gestellt und ins temporäre Gleichgewicht gebracht werden, um dann wieder alles aufzubrechen und sich gegenseitig neu zu justieren. Zu viel Nähe und es wird unklar, wo berufliche Beziehungen aufhören und persönliche beginnen. Zu viel Distanz und es fehlt an Vertrauen, Kommunikation und Hand-in-Hand-Zusammenarbeit.

Führung ist keine Einbahnstraße, sondern ein Dialog, der von beiden Seiten getragen wird. Dabei ist auch das Schweigen eine Art der Kommunikation – nicht kommunizieren geht nicht. Beide Seiten haben gleichberechtigte Anteile und sind verantwortlich für den Erfolg oder Misserfolg dieser Beziehung.

„Mitarbeitermerksatz Nr. 1: Keiner hat Macht über mich, außer ich gebe sie ihm!“

Dieser Satz könnte als Grundsatz - als Basiskompetenz - für Mitarbeitende in einer Organisation gelten. Niemand hat Macht über dich, es sei denn, du gibst sie freiwillig her. Wer sich entscheidet, in einer Organisation zu arbeiten, sollte sich darüber im Klaren sein: Nur wenn du diesen Grundsatz verinnerlichst und dir diese Basiskompetenz aneignest, wirst du langfristig Herr:in deiner eigenen Gefühlslage bleiben und dich nicht von den Dynamiken deiner Organisation in die Ecke drängen lassen.

Es geht darum, den Spieß umzudrehen und von der Position der Getriebenen in die Gestalter:innen-Position zu kommen!

Manchmal braucht es klare Worte: Organisationsschmerzen sind vermeidbar, aber nur wenn Du bereit bist, Verantwortung für dich selbst und deinen Gestaltungsspielraum in Führungsprozess zu übernehmen! Denn "Selbstbestimmung ist nicht das Fehlen von Abhängigkeiten, sondern die Fähigkeit, Abhängigkeiten zu gestalten.“ – Niklas Luhmann"

Es ist ein Fehler, darauf zu hoffen, immer mit den „richtigen“ Vorgesetzten zusammenzuarbeiten. Derjenige, der dich eingestellt hat, ist vielleicht schon weg – „So what? Easy come and easy go!” Hör auf anzuhaften. In jeder Organisation wirst du auf Vorgesetzte treffen, die nicht zu dir passen. Wer erwartet, dass das berufliche Leben immer von passenden Führungskräften geprägt ist, geht eine riskante Wette ein.

Wahrscheinlich wird er oder sie sich oft als Opfer der Umstände - des Kostensenkungsprogramms, des Standortwechsels ... - fühlen, das ungerecht behandelt wird. Ich habe viel “Organisationstrauma” in meinen aktuellen und vergangenen Mandaten begleiten können. Ich habe gesehen, wie die tollsten Unternehmenswerte im Papierkorb gelandet sind. Menschen, die sich zutiefst in ihrer Loyalität der Firma gegenüber gekränkt fühlten. “Das ist dann also der Dank für alles ...” Du musst was von Menschen und von Organisationen verstehen, einen Blick entwickeln, der Klarheit für das, was da passiert, schafft. Dieser Blick ist recht hilfreich dafür, dass du dich besser für innere Unabhängigkeit entscheiden kannst, auch wenn dein neuer Vorgesetzte nicht ideal ist. Du wirst in dem gegebenen Rahmen, den du vermutlich nicht ändern kannst, dennoch deutlich mehr selbst geschaffene Freiräume gewinnen. Diese Haltung hilft, sich selbst für den eigenen Gestaltungsspielraum verantwortlich zu fühlen, anstatt sich mit den Unzulänglichkeiten von Vorgesetzten und deiner Organisation permanent zu beschäftigen und daran zu zerbrechen.

Gelingende Führung ist eine wechselseitige Beziehung

Führung funktioniert dann, wenn beide Seiten – Führungskraft und Mitarbeitende – bereit sind, sich gegenseitig einzubeziehen und Verantwortung zu teilen. Gelingende Führung beruht auf einer Führungsbeziehung, in der sich beide Parteien wechselseitig beeinflussen.

Es geht nicht um blinde Gefolgschaft, sondern um aktive Mitgestaltung. Es braucht deine reflektierte und souveräne Gefolgschaftskompetenz: Menschen, die sich klug einfügen können, die bereit sind, Entscheidungen mitzutragen – auch wenn sie selbst die Dinge anders machen würden. "Disagree – but commit." Es braucht auch deine Demutskompetenz, die Fähigkeit, Fehler und Unzulänglichkeiten des Organisationsdesigns, des Projekt-Set-Ups etc. zu verstehen und als gegeben zu akzeptieren und mit den Schattenseiten einer Entscheidung umzugehen, ohne Schuldige zu suchen. „No one wins the blame game.“ Es braucht vor allem deine Beziehungserhaltungskompetenz, um in einer Welt voller Ambivalenzen miteinander diskursiv zu streiten und trotzdem die Verbindung zu wahren. „Ich kann und ich werde (!) streiten und trotzdem respektvoll bleiben, weil ich die Verbindung wahre.“

Menschen, die bereit sind, diese eigene Verantwortung zu übernehmen, sind wertvoller als die propagierten schillernden Führungspersönlichkeiten, von denen immer wieder die Rede ist. Denn erfolgreiche Führung ist niemals das Werk einer Einzelperson – sie ist das Ergebnis eines gemeinsamen Prozesses, der durch Kommunikation, Verantwortungsübernahme und Resonanz geprägt ist.

Die wahre Herausforderung: Mit geteilter Verantwortung gemeinsam den Prozess gestalten

Führung wird nicht durch eine einzelne Person „gemacht“, sondern durch das Zusammenspiel beider Seiten im Führungsprozess. Der Erfolg von Führung hängt immer von beiden ab – der Führungskraft und den Mitarbeitenden. Wer sich der Verantwortung für Führung bewusst ist und bereit ist, diese zu teilen, wird nicht nur als Führungskraft, sondern auch als Mitarbeitender erfolgreicher und erfüllter arbeiten.

Der wahre Wert von Führung entsteht dort, wo beide Seiten mitgestalten und sich gegenseitig inspirieren – wo Führung und Gefolgschaft als dynamischer Prozess verstanden werden, in dem alle Beteiligten Verantwortung übernehmen und sich aufeinander einlassen.

Führung ist niemals ein „Ein-Personen-Job“. Sie ist das Ergebnis eines Prozesses, der durch das Zusammenspiel von Führungskraft und Mitarbeitenden lebt. Erfolgreiche Führung entsteht, wenn beide Seiten bereit sind,Verantwortung zu übernehmen, Vertrauen aufzubauen und Veränderungen zu gestalten.

Führung ist kein Monolog, sondern ein Dialog. Und dieser Dialog muss von beiden Seiten getragen werden, um erfolgreich zu sein.

Frage dich, selbst mal: “Kann ich den Dialog suchen, auch wenn ich Angst vor den Folgen habe?
Bin ich bereit, schwierige Gespräche mit meinem Vorgesetzten zu führen, auch wenn ich Angst vor Konsequenzen habe?
Gerne begleite ich dich dabei, die Antworten darauf zu finden!

Schließen möchte ich mit meiner Liebe zu Griechenland für uns gilt weiterhin:

„Το ταξίδι είναι εξίσου σημαντικό με τον προορισμό.“
„Die Reise ist genauso wichtig wie das Ziel.“

Preview: Gefällt dir, was ich schreibe, dann blieb dran. In den kommenden Wochen werde ich noch viele Themen rund um Organisation, Resonanz, Psychologie und Philosophie und künstliche Intelligenz, Macht und Ohnmacht in Organisationen bewegen.
Vielen Dank, dass du deine Zeit mit mir verbracht hast. Bis zum nächsten mal, stay tuned!