Macht ist weder gut noch böse – sie ist das, was man aus ihr macht
Dieses Zitat von Hannah Arendt war für mich der Ausgangspunkt, mich intensiver mit Macht in (modernen) Organisationen auseinanderzusetzen. Flache Hierarchien, Selbstorganisation, Führung auf Augenhöhe – das klingt modern und vielversprechend. Doch in der Praxis zeigt sich oft etwas ganz anderes: Macht verschwindet nicht, sie wird nur unsichtbar.
Denn nur weil niemand mehr offiziell Chef ist, heißt das nicht, dass niemand entscheidet. Es bedeutet nur, dass unklar ist, wer es tut.
- Wer setzt sich in Meetings durch?
- Wer kontrolliert den Informationsfluss?
- Und wer lenkt Gespräche so, dass am Ende genau das beschlossen wird, was er oder sie für richtig hält?
Ohne formale Führung wird Führung zum Verhandlungsspiel. Und derjenige mit den besten Beziehungen, der überzeugendsten Rhetorik oder der besten Hintergrundstrategie gewinnt.
Dann setzt sich nicht durch, was fachlich sinnvoll ist – sondern das, was das System am Leben erhält. Nicht einmal die ökonomisch sinnvollste Lösung gewinnt, sondern die, die sich politisch durchsetzen lässt. Die anschlussfähig ist, niemandem weh tut – oder den richtigen Personen nützt.
In solchen Momenten geht es nicht mehr um Lösungen, sondern um Machtbalance. Und wer die Spielregeln dieser Balance nicht kennt, wird schnell zum Statisten im eigenen Job.
Wenn keiner führt, regiert die Politik
Ohne klare Entscheidungsstrukturen zählt nicht mehr das beste Argument – sondern wer sich die beste Allianz sichert. Statt schneller Entscheidungen gibt es endlose Diskussionen, Meetings werden zur Bühne für strategische Positionierung, und am Ende geht es oft mehr um Einfluss als um Inhalte.
Die entscheidenden Fragen sind dann nicht mehr fachlicher Natur, sondern politischer:
- Wer gehört zu wem?
- Wer steuert Diskussionen in die gewünschte Richtung?
- Wer entscheidet, welche Themen überhaupt auf den Tisch kommen?
Denn wenn keiner offiziell führt, setzt sich am Ende doch jemand durch – nur auf inoffiziellem Weg.
Mikropolitik: Das Spiel im Spiel
Die Organisationsforschung hat dafür einen Begriff: Mikropolitik. Sie beschreibt, wie Einfluss ausgeübt wird, wenn es keine klaren Machtstrukturen gibt – durch Netzwerke, informelle Absprachen und strategische Positionierungen.
Das kann Vorteile haben – wenn es um kreative Lösungen oder pragmatische Entscheidungen geht. Problematisch wird es, wenn unklar bleibt, nach welchen Regeln gespielt wird.
Dann fließt die Energie nicht mehr in produktive Arbeit, sondern in interne Dynamiken. Prozesse verlangsamen sich, Verantwortlichkeiten verschwimmen – und gute Ideen setzen sich nicht durch, weil sie gut sind, sondern weil sie sich politisch durchsetzen lassen.
Macht ist nicht das Problem – Intransparenz schon
Macht hat in vielen Organisationen einen schlechten Ruf. Doch das eigentliche Problem ist nicht Macht an sich – sondern die Vorstellung, dass man ohne sie auskommt.
- Macht ermöglicht Entscheidungen.
- Macht schafft Strukturen, die Orientierung geben.
- Macht kann produktiv sein – wenn sie sichtbar und nachvollziehbar ist.
Gefährlich wird sie erst, wenn sie sich in den Hintergrund verlagert und nicht mehr benannt oder reflektiert wird.
Führung passiert immer – die Frage ist nur, wie sichtbar sie ist
Wer Hierarchien abschafft, ohne klare Alternativen zu schaffen, ersetzt sie nicht durch Freiheit – sondern durch Unsicherheit.
Es gibt immer Machtstrukturen. Die Frage ist nur, ob sie transparent und verantwortlich gestaltet sind – oder ob sie im Verborgenen wirken.
Meine Empfehlungen
- Verstehe die Spielregeln informeller Macht. Sie sind oft entscheidender als offizielle Strukturen.
- Baue Netzwerke auf – mit Bedacht. Beziehungen zählen, aber nicht um jeden Preis.
- Schaffe Klarheit darüber, wer entscheidet. Wenn das unklar bleibt, entscheidet irgendjemand – aber nicht unbedingt im Sinne der Organisation.
Denn am Ende geht es nicht darum, ob Macht existiert– sondern wie sie genutzt wird.
Wenn Strukturen sprechen – und Menschen verstummen
Macht ist nicht das Problem – entscheidend ist, wie wir mit ihr umgehen
Ob als Führungskraft oder Mitarbeitende:r: Wer die Dynamiken informeller Macht versteht, kann bewusster steuern, souveräner handeln und wirksamer entscheiden.
Ich kenne diese Konstellationen aus unterschiedlichen Rollen heraus. Nicht nur aus der Theorie, sondern aus eigener Erfahrung – als Coach für Teams und Führungskräfte und als Teil crossfunktionaler Teams. Ich habe miterlebt, wie sich Macht diffus in den Hintergrund verlagert, wie es hochpolitisch wird und keiner mehr genau weiß, wer eigentlich entscheidet – aber alle spüren, dass die Luft brennt.
Wenn Führung nicht klar geregelt ist, entsteht ein Klima der Unsicherheit, in dem Orientierung verloren geht und Spannungen sich aufbauen, bis sie Menschen zermürben.
Seit vielen Jahren begleite ich Menschen in genau solchen Situationen. Ich habe eine feine Wahrnehmung entwickelt – und mir fundiertes organisationssoziologisches Wissen angeeignet –, wann und wie Organisationen an ihre Grenzen kommen. Und wie diese Überforderung oft auf dem Rücken derer ausgetragen wird, die ihren Job eigentlich gut machen wollen.
Diese Erfahrungen fließen in mein Coaching ein. Ich begleite dich dabei, Macht und die (erklärbaren) Unzulänglichkeiten deines Organisationsdesigns zu erkennen, einzuordnen – und verantwortungsvoll zu nutzen. Damit du nicht überrascht wirst, sondern Klarheit gewinnst. Für dich. Für dein Team. Für deine Organisation.
Viele meiner Klient:innen berichten, dass sie sich zuvor orientierungslos und erschöpft fühlten – gefangen in Widersprüchen, für die es scheinbar keine Erklärung gab.
Was sie dann erleben, ist mehr als ein Aha-Moment: Es ist der Beginn einer neuen Perspektive. Manche nennen es „die rote Pille“ – ein Blick, der nicht mehr rückgängig zu machen ist. Wer diesen Blick einmal entwickelt hat, wird ihn nicht mehr los – und will es auch nicht.
Plötzlich wird verständlich, was vorher nur diffus, frustrierend oder persönlich kränkend erschien. Und mit diesem Verständnis kommen Ruhe, Souveränität und Handlungsspielraum zurück.
Das stärkt Identität, bringt Menschen wieder in ihre Wirksamkeit – und gibt ihnen das Gefühl zurück, nicht länger Spielball organisationaler Dynamiken zu sein.
Wenn du das Gefühl hast, zwischen den Stühlen zu sitzen, wenn du innerlich längst auf dem Absprung bist oder einfach wieder klar sehen willst – ich begleite dich gern.